Warum brauchen Fische Kläranlagen?
Ravensburg / Tübingen Freitag, 14. Juni 2013Ravensburger Edith-Stein-Schule trifft Wissenschaft
Schüler der 11. und 13. Klasse haben am Dienstag, 11. Juni einen Projekttag beim Forschungsprojekt SchussenAktivplus durchgeführt.
Zunächst einmal schnupperten rund vierzig Oberstufenschüler/innen des Biotechnologischen Gymnasiums der Edith-Stein-Schule ein bisschen Uniluft. Prof. Dr. Rita Triebskorn von der Universität Tübingen erläuterte in ihrem Vortrag die Frage „Warum brauchen Fische Kläranlagen?“. Die Schüler/innen der 11. und 13. Klasse erfuhren, dass die Fische in der Schussen einem ganzen Cocktail an Schadstoffen dauerhaft ausgesetzt sind. Im Mittelpunkt des Forschungsprojektes an Schussen und Argen stehen Keime und die Spurenstoffe. Dazu gehören Chemikalien aus der Industrie, Pestizide aus der Landwirtschaft und Schwermetalle. Aber auch Reste aus Privathaushalten wie Süßstoffe und Arzneimittelrückstände können den Fischen schaden. „Kippen Sie bitte keine Arzneimittelreste in die Toilette und vermeiden Sie Getränke und Bonbons, die mit Sucralose gesüßt sind. Dieser Süßstoff gehört zu den chlorierten Stoffen, die sich in der Umwelt kaum abbauen und für die mögliche negative Auswirkungen auf die Umwelt wenig bekannt sind“, rät die Biologin Triebskorn.
Besonders betroffen waren die Jugendlichen von den hormonellen Wirkungen. So können die über den Urin ausgeschiedenen Hormone aus der Antibabypille zur Verweiblichung männlicher Fische und andere Stoffe aber auch zur Vermännlichung weiblicher Fische führen. „Kommen wir heute auch deswegen früher in die Pubertät?“, fragte ein Schüler. „Das ist eine mögliche Ursache“, äußerte sich die Wissenschaftlerin vorsichtig. Denn einfache Ursache-Wirkung-Prinzipien gibt es in der Ökotoxikologie nicht. Dazu ist die Umwelt zu komplex.
Wie sich viele Schadstoffe aus dem Abwasser herausfischen lassen, lernten die Schüler/innen beim anschließenden Besuch in der Ravensburger Kläranlage Langwiese. Der technische Betriebsleiter Alexander Härdtner zeigte den Schüler/innen die verschiedenen Reinigungsstufen des Klärwerks. Das forderte alle Sinne. „Das stinkt ja schrecklich“, jammerten einige Schüler/innen beim großen Rechen am Zulauf der Kläranlage. „Ich bin daran gewöhnt und außerdem wird das Abwasser im Verlauf der Anlage immer sauberer“, beruhigte Alexander Härdtner routiniert. Schließlich kennt der Absolvent der Edith-Stein-Schule solche Klagen. In den Becken der zweiten, sogenannten biologischen Reinigungsstufe sprudelt und rauscht es. „Hier wird Sauerstoff eingeblasen. Denn die Bakterien brauchen Sauerstoff, um den Stickstoff abzubauen“, erläutert der Abwassermeister. Außer Lebewesen hilft viel Hightech, unser Schmutzwasser zu klären. Am Ende der Führung wird die Arbeit von Mensch, Maschine und Mikroorganismen sichtbar. Bevor das Wasser abfließt, ist es glasklar. Doch um die nicht sichtbaren Spurenstoffe herauszufiltern, ist gerade die vierte Reinigungsstufe mit Aktivkohle im Bau. Erst dann können die Fische aufatmen.
Zufrieden mit dem Tag zeigt sich Biologielehrer Markus Klauser: „Die Schüler konnten hier in der Praxis erleben, wie aus der braunen Brühe sauberes Wasser wird. Darüber hinaus ist es mir wichtig zu zeigen, wo unsere Schüler/innen später überall arbeiten können.“ Das kann sich nicht jede/r vorstellen. Während der Gestank am Anfang 11-Klässlerin Erblina eher abgeschreckt hat, kann sich die 17-jährige Jessica vorstellen, hier zu arbeiten: „Ich fand das interessant“.
Mehr Informationen zum vom Bund und Land geförderten Forschungsprojekt stehen auf der Homepage www.SchussenAktivplus.de
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Projektleitung
Prof. Dr. Rita Triebskorn
Universität Tübingen
Physiologische Ökologie der Tiere
Konrad-Adenauer-Str. 20
72072 Tübingen
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